Reisebericht: Abschied von der "Wipperliese" am 7. März 2015

Leo Demuth, Lüneburg

Die Reisesaison wurde am 07. März mit einer Fahrt aus traurigem Anlass eröffnet. 24 TeilnehmerInnen fuhren von Hamburg / Lüneburg, um nochmals mit der „Wipperliese“ von Klostermannsfeld nach Wippra zu fahren. Der Betrieb soll auf Wunsch von Teilen der CDU/SPD Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt eingestellt werden.

Der Verkehrsauschuss regte an, dem Landkreis Mansfeld-Südharz bei der Entwicklung eines Bus-Konzeptes zu unterstützen. Dafür sollen 364.000 Euro bewilligt werden. Darüber muss ebenfalls der Landtag entscheiden. Grüne und Linke lehnten das Bus-Modell bereits ab und sprachen von einem faulen Kompromiss. Dieser Betrachtung schließt sich der Berichterstatter an!

Der Homepage des Betreibers, „Kreisbahn Mansfelder Land GmbH“, lässt sich folgende interessante Mitteilung entnehmen: „Der Verkehrsvertrag NASA /DB Regio / KML, unterzeichnet im Januar 2014, erstmals

ordentlich kündbar zum 12.12.2015, wurde vertragsbrüchig durch die NASA GmbH

bereits zum 13.04.2015 gekündigt“

Auffällig ist dabei, dass die Deutsche Bahn, sie ist Eigentümer der Infrastruktur, bereits das Geld für die notwendige Sanierung von 3 Brücken zur Verfügung gestellt hatte und nun „blitzartig“ einen Stilllegungsantrag nach § 11 AEG einleitete. Bereits in den 90ziger Jahren sanken die Fahrgastzahlen, weil die vermeintlichen Vorteile des Autos sich im auch im Harz herumsprachen.

Die Antwort war die Gründung der KML und die Übernahme des Personen- und Güterverkehr durch diese Gesellschaft. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Oberbau der Strecke komplett durchgearbeitet, die Bahnsteige saniert und teilweise neu eingerichtet.

Seit 2012 ist für die Einfahrt in den Bahnhof Klostermannsfeld PZB 90 notwendig und 2013 wurde der Zugbahnfunk eingeführt.

Wir fuhren zunächst über Stendal nach Magdeburg. Der Fahrplan sah dort eine Pause von 1 ½ Std. vor, die zum Essen oder einem Spaziergang mit dem Ziel  Elbe/Dom genutzt wurde. Das strahlende Frühlingswetter war für den Rundgang wie geschaffen. Pünktlich wurde der Bahnhof Klostermannsfeld erreicht. Dort stand abfahrbereit der Esslinger Triebwagen der KML (Kreisbahn Mansfelder Land GmbH).

Die zu befahrene Strecke nach Wippra ist 19,994 km lang und wurde am 01.11.1920 eröffnet.

Eine lange Diskussion war der Eröffnung vorausgegangen. War doch der Wunsch vorhanden, die Bahnstrecke bis Stolberg zu bauen. Anmerkung des Berichterstatters, auch auf der Strecke nach Stolberg wurde der Personenverkehr am 10.12.2011 eingestellt.

Bemerkenswert ist sicherlich die Tatsache, dass die Kosten für den Bau einer großen Talbrücke, die für die Verbindung nach Stolberg notwendig gewesen wäre, genehmigt waren. Gebaut wurde dieser Abschnitt jedoch leider nie.

Die Strecke war schon in früheren Tagen vornehmlich dem Tourismus und dem Güterverkehr gewidmet. Sie erschließt immerhin ein wunderschönes Seitental des Harzes. Wegen der zahlreichen Kurven beträgt die Streckenhöchstgeschwindigkeit nur 60 km/h. Der Reisende kann daher die reizvolle Landschaft in Ruhe genießen. Dabei darf der Blick auf Schloss Rammelburg, erbaut 1257, nicht vergessen werden. Die Schlossgeister werden den Eisenbahnbetrieb gewiss vermissen.

Besonderheiten für den Bahnbetrieb entlang der Strecke sind der Hasselbach Viadukt in Mansfeld (250 m lang und ca. 20 m hoch) und der 287 m lange Rammelburger Tunnel.

Die KML befährt die Strecke mit Esslinger Triebwagen. Dabei handelt es sich um die Fahrzeuge: VT Esslingen 1958/24999,  VT Esslingen 1958/25001 und VT Esslingen 1961/25628. Davon ist ein Fahrzeug mit einer Bar und mit einem Hublift für Rollstühle ausgestattet.

Unsere Gruppe genoss die Befahrung der Strecke und stand bewundernd am Fenster, um die Landschaft zu genießen. Viel zu schnell erreichten wir Wippra. Die Zeit genügte knapp, um das berühmte Gruppenfoto herstellen zu können.

Der Reiseleiter hatte ein kleines Plakat mit dem Text „Warum Herr Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, darf dieser Zug nicht mehr verkehren?“ vorbereitet, und hielt es in die Kamera.

Neben dem Bahnsteig stand der Bus 460 der Verkehrsgesellschaft Südharz mbH, der uns bis zum Bahnhof Sangerhausen brachte. Im Bus fuhr ein Begleiter mit, zuständig für die Statistik. Diese geriet mit Sicherheit durcheinander, denn die FdE  Gruppe befand sich eindeutig in der Mehrheit.

Es wäre unseriös, wenn die Busfahrt nicht erwähnt werden würde. Die Streckenführung der Straße durch ein Harz Tal vermittelte nämlich auch ihren Reiz.

Die Busfahrt endet am ZOB, der sich am Bahnhof in Sangerhausen befindet. In der Bahnhofshalle lassen sich Mosaiken mit Szenen aus dem realen Sozialismus bewundern.

Die nächste Etappe umfasste den Streckenabschnitt von Sangerhausen bis Nordhausen. In diesem Zug war eine Zugbegleiterin tätig, die wohl die letzten Schulungen für die Verbesserung von Freundlichkeit Fahrgästen gegenüber versäumt hat. Außerdem kannte sie sich in der Umgebung nicht aus. Auf die Frage, ob es sich in um ein Schloss neben der Strecke in Heringen handelte, kam keine hilfreiche Antwort. Ein Kollege mit Internetzugangsmöglichkeit konnte helfen. Wer informierter als die Zugbegleiterin sein  möchte, wählt die Kennung http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Heringen

Vorher hielt der Zug am „Keilbahnhof“ Berga-Kelbra, wo bis 2011 die Züge nach Stolberg abfuhren. Dort gab es auch die „Kyffhäuser-Kleinbahn“, deren letzter Zug auf der 29 km langen Strecke von Berga-Kelbra nach Artern am 05.06.1966 verkehrte.

Die Dampflokomotive 89 6024  (Bj. 1914 Henschel & Sohn; Typ Bismarck),

bis 24.10.1922 als Nummer 41 im Dienst der Kyffhäuser-Kleinbahn,

ist heute betriebsfähige Dampflok im Deutschen Dampflokomotiv-Museum (Neuenmarkt).

Die Umsteigezeit von knapp 10 Minuten in Nordhausen genügte, um einen Blick auf den Bahnhofsvorplatz zu werfen, wo sich bekanntlich der Übergang von der Straßenbahn auf die Harzquerbahn befindet.

Hinter Nordhausen fuhr der Triebwagen in die beginnende Dämmerung und bescherte uns ein Naturschauspiel erster Qualität, nämlich einen unglaublich schönen Sonnenuntergang.

Im Triebwagen lernten wir einen Zugbegleiter kennen, der, verdächtig genug, während seiner Arbeit lachte und Scherze machte.

Am wenig schönen Bahnhof Northeim endete die Triebwagenfahrt. 30 Minuten dort auf den Anschlusszug zu warten, ist eine ziemliche Zumutung!

Wir stiegen dort in einen Zug der Metronom Eisenbahngesellschaft, der unvorteilhaft in Hannover fast 20 Minuten herumsteht und in Uelzen ins Bw entschwindet (Umsteigezwang), anstatt an den Bedürfnissen der Fahrgäste sich orientierend nach Hamburg fährt.

753 km entspannte, preiswerte Bahn- und 18,8 km Busfahrt, viel Spaß, interessante Gespräche und, Superwetter lagen hinter den in Lüneburg / Hamburg aussteigenden TeilnehmerInnen!


Foto: Leo Demuth

Foto: Leo Demuth

Foto: Leo Demuth

Foto: Leo Demuth

Mosaiken in Sangerhausen. Foto: Leo Demuth

Mosaiken in Sangerhausen. Foto: Leo Demuth

Mosaiken in Sangerhausen. Foto: Leo Demuth

Gruppenfoto zum Abschied. Foto: Leo Demuth