Reisebericht: Wuppertal, 10.06. -13.06.2016

Als Ziel für das relativ neue Angebot der Tagesfahrten des FdE Reisedienstes wurde Wuppertal ausgewählt, wegen der zentralen Lage und einer Vielfalt von Angeboten, die jedes Herz von Eisenbahnfreunden schneller schlagen lassen.

Dazu kam noch ein günstiges Hotelangebot, einschließlich einer Tageskarte des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr. Das Hotel liegt unmittelbar am Hauptbahnhof Wuppertal und einer Haltestelle der Schwebebahn.

Als Verkehrsmittel für die Anreise wurde der HKX Zug von Hamburg-Altona nach Düsseldorf gewählt. Am Reisedatum galt noch die Anerkennung des „Quer durchs Land Ticket“ der Deutschen Bahn, ohne Platzreservierung im HKX.

Vorsicht war geboten, denn diese Züge sind sehr voll, und eine Mitnahmepflicht für DB Kunden bestand nicht! Also musste die Strategie lauten, Hamburger Mitreisende steigen in Hamburg-Altona ein, und blockieren Sitzplätze bis zum Hauptbahnhof. Die gemütliche Variante sah vor, dass alle bis Altona fahren, um sich dort zu treffen.

„Herr Metronom“ hatte wohl davon gehört und versetzte schon die kleine Gruppe, die in Lüneburg startete, in Schrecken, denn der Zug blieb auf freier Strecke kurz nach dem Bahnhof Veddel stehen. Der eifrige Lokführer meldete, dass keine Weiterfahrmöglichkeit besteht, da die Lok  eines Güterzugs „liegen geblieben“ war. Eine Bahnfahrt in Deutschland ist eines der letzten Abenteuer, die es in unserem Land gibt.

Dank eines Mobiltelefons war es möglich, den Treffpunkt zum Hauptbahnhof zu verlegen. Dort angekommen fanden wir einen sehr gut gefüllten Bahnsteig vor. Ohne das Wissen um die „Reservierungsgruppe“ im Zug, wäre man wohl in leichte Panik geraten. Diese hatte gute Arbeit geleistet, und die benötigten Plätze so gut reserviert, dass wir einen Vater mit Kleinkind auch noch mit einem Sitzplatz versorgen konnten.

Die Fahrt bis Düsseldorf verlief sehr angenehm. Damit die HKX Züge in Bezug auf die Reisezeit mit der DB konkurrieren können, umfahren diese Bremen über Gütergleise. Für den Eisenbahnfreund ein Gratisbonbon.

In Düsseldorf stiegen wir in einen Regionalzug um. In Wuppertal erwartete uns ein wirklich mieser Hauptbahnhof, der sich allerdings in einer Umbauphase befand. Dazu kommt noch, dass man am Hauptbahnhof eine Baustelle eingerichtet hat, um Autos unter die Erde zu verlegen, wo sie auch hingehören.

Das Hotel war gut gewählt. Wenn man wollte, konnte man aus dem Fenster die Schwebebahn fahren sehen. Für den Abend war „Freizeit“ eingeplant.

Für den nächsten Tag war ein „Wandertag“ eingeplant. Wir trafen uns am Bahnhof, um in einen Regionalzug zu steigen, der uns bis zur Station Schaberg, direkt an der Brücke gelegen,  brachte. Dort trafen wir auf das 1897 errichtete historische Bahnhofsgebäude, zu dem ein netter Biergarten gehört.

Die Gruppe unternahm eine Wanderung, die uns zunächst bis zum unter der Brücke gelegenen Brückenpark führte. Dort wurde eine erste Rast eingelegt, um die Denkmäler zu betrachten und vor allem den großartigen Blick auf die Brücke zu genießen, die allerdings teilweise eingerüstet war.

Als sie am 15. Juli 1897 dem Verkehr übergeben wurde, galt die Müngstener Brücke, bis heute Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke, mit Recht als ein technisches Wunderwerk.

In 107 Metern Höhe und 500 Metern Länge überspannt sie einen Taleinschnitt bei der Ortschaft Müngsten. Sie verbindet die Städte Remscheid und Solingen. Ihre Maße scheinen die Bezeichnung "wuchtiges Bauwerk" zu rechtfertigen.

Nach der Pause gingen wir zur Schwebefähre, die über die Wupper schwebt.

Bekanntester und beliebter Vertreter ist die Wupperfähre, auf der man mit maximal 10 Personen und 1500kg Gesamtgewicht mit Muskelkraft auf einer 11qm großen Plattform knapp über der Wupper selbst über die 60m lange Strecke von Ufer zu Ufer „schweben“ kann.

Die Fähre ist ein Unikat - ein Prototyp, der nur für den Brückenpark entwickelt und gebaut wurde. Sie ist nach Art einer Draisine ausgestattet.

Auch wenn man eine Fahrkarte kaufen muss, so ist bei der Fahrt die Hilfe der Fahrgäste notwendig. Die „Draisine“ wurde ausgiebig fotografiert. Die Hamburger Blätter haben übrigens schon einmal über das urige Verkehrsmittel berichtet.

Nach Überqueren der Wupper befindet man sich auf der Remscheider Seite und kann von hier aus nach Schloss Burg wandern. Das Wetter war gut, daher war die Wanderung ein Genuss. Die Wupper wurde ein wenig mit dem Amazonas verglichen.

Am Zielort angekommen, wartete schon das nächste Highlight auf die Gruppe. Die Seilbahn Burg wurde 1952 als erste Personenseilbahn in Nordrhein-Westfalen eröffnet. Jährlich nutzen ca. 200.000 Fahrgäste diese technische Einzigartigkeit im Bergischen Land. Die Seilbahn führt aus dem Tal der Wupper hinauf in die unterirdisch gelegene Bergstation, nahe der bergischen Grafenresidenz Schloß Burg.

Nicht allen vertrauten der gewagten Streckenführung, die immerhin auch über einen Fluss führt. Diese Kollegen waren eher auf dem Schlossberg, als die Seilbahn-Fahrer!

Als fast alle eingetroffen waren, wurde der Beschluss gefasst, in eins der vorhandenen Cafés zu gehen. Unter einem großen Baum fanden wir, nach verschieben von Tischen, geeignete Plätze.

Nach Studium der Speisekarte wollten einige sich eine „Bergische Kaffeetafel“ gönnen. Dieses Angebot muss wohl für die Leser aus Norddeutschland erläutert werden. Zu den Bestandteilen einer heute gereichten Bergischen Kaffeetafel gehören Korinthenweißbrot und Schwarzbrot oder Pumpernickel. Neben verschiedenen süßen Brotaufstrichen wie Honig und Zuckerrübensirup (ebenso von Apfel und Birne) wird auch gesüßter Milchreis und Quark angeboten, teilweise um Fruchtkompott und Rote Grütze ergänzt. Dazu wird Butter, Zucker und Zimt gereicht. Der Kaffee wird typischerweise mit einer Kranenkanne (regional Dröppelminna oder -mina genannt) am Tisch eingeschenkt. Je nach Tradition und Epoche wird die Tafel um herzhafte Komponenten wie Eierspeisen, Wurst-  und Fleischwaren ergänzt. Regional typische Kuchen und Gebäck (Waffeln, Brezeln, Krapfen) werden in unterschiedlicher Zusammensetzung damit verbunden. Dieses Angebot gibt es auch für zwei Personen, was auch für drei teilbar ist. Allerdings braucht man dann einen zusätzlichen Teller und ein Besteck. Dieses sollte zusätzliches Geld kosten, was von uns sehr, sehr negativ wahrgenommen und kommentiert wurde.

Der einsetzende Regen vertrieb uns aus dem Restaurant. Zur Pflege der Kultur war n die Zeit für einen zu empfehlenden Rundgang durch die Burg gekommen.

Zu einer festgelegten Zeit trafen wir uns an der Bushaltestelle der Linie 683, die als O-Bus mit Hilfsantrieb verkehrt. An der Haltestelle Seilbahn Burg erfolgt das Auf- und Abbügeln. Der Bus fährt bis Wuppertal-Vohwinkel, also ideal für uns.

Im Umfeld der Haltestelle Seilbahn Burg befindet sich auch die einzige Drehscheibe in die Deutschland, die für O-Busse gebaut wurde.

Der nächste Tag begann mit einer Rundfahrt durch Solingen, die mit einem 58 Jahre alten Obus vom Typ ÜH IIIs durchgeführt wird. Der Traditionsbus, Eigentümer „Obus-Museum Solingen e.V“.  erreicht auch die einzigartige  Drehscheibe in Unterburg, um zu wenden.

Bemerkenswert ist, dass diese Rundfahrt nichts kostet. Spenden nehmen die ehrenamtlichen Betreuer natürlich gerne an. Die Fahrt stellt einen Rundkurs dar, der  eine Stichfahrt nach Burg ermöglicht. Einmal im Monat dreht der Bus seine Runden.

Die Kunst bei einer Reiseplanung liegt darin, zunächst alle Angebote der Region zu erfassen und dann die Nutzbarkeit zu prüfen. Ohne Internet eine echte Herausforderung. Außerdem müssen die Zeiten passen, um einen Tag optimal zu nutzen, aber die TeilnehmerInnen nicht zu überstrapazieren.

Die Recherche ergab, dass am Nachmittag eine Fahrt mit dem Kaiserwagen der Wuppertaler Schwebebahn gefahren kann. Diese Fahrten sind derartig beliebt, dass weit im Voraus gebucht werden muss. Darin liegt wieder ein Problem bei der Struktur der FdE Fahrten. Gibt es überhaupt Interessierte, die mitfahren würden und wie viele könnten es sein?

Am 24. Oktober 1900 schwebten die Majestäten höchstselbst auf kaiserlicher Probefahrt von Elberfeld nach Vohwinkel. "Ruhig und sicher glitt der Wagen mit seiner theueren Last auf dem vielfach gewundenen Schienenwege dahin - und ihre Majestäten jeruhten mehrmals (!) huldvoll und jnädigst Jrüße nach unten an die treuen Unterthanen zu senden..."

Auf die Schwebebahn als solche gehe ich in der Fahrtenbeschreibung nicht ein, weil vieles als bekannt vorausgesetzt sein darf.

Die Fahrt im Kaiserwagen führt über die gesamte Strecke der Schwebebahn. So besteht nur so die Möglichkeit durch die Wendeanlage in Oberbarmen zu fahren.

Während der Fahrt gibt es leckere Torte, keinen „Nachschlag“, und nur Kinder erhalten Kakao. Warum Erwachsene ihre Pumpe belasten müssen, habe ich nicht herausgefunden. Im Vordergrund stehen natürlich die beiden „Stadtbilderklärer“, die in historische Bekleidung gezwängt, viel über die Stadtgeschichte berichten.

Wenn man genau aus dem Fenster sieht, dann erkennt man den teilweise traurigen Zustand einer deutschen Großstadt, mit immerhin ca. 350.000 Einwohnern. An dieser Stelle müssten eigentlich die Beobachtungen einfließen, mit dem Bezug auf die Bewohner der Stadt. Ich verzichte aber darauf, weil ich zu einer neutralen Berichterstattung an dieser Stelle nicht fähig wäre.

Die Fahrt ist nicht als preiswert zu bezeichnen, aber lohnt unbedingt! Wir hatten, wie eingangs schon berichtet, unsere Tageskarten und konnten Runde, auf Runde mit der normalen Schwebebahn fahren. Ein Kollege und ich nutzen die Karte für eine Abendtour mit einem Bus, der die Berge um Wuppertal erklimmt. Im Bus trafen wir auf einen ehemaligen Wuppertaler Straßenbahnfahrer, der den Verlust eines sinnvollen Verkehrsmittels bis heute nicht überwunden hat,

Den Abfahrtspunkt für den Bus, der uns am nächsten Tag, zur Museumsstraßenbahn bringen sollte, zu finden, war eine echte Herausforderung. Fast jeder, den wir fragten, nannte eine andere Haltestelle. Busfahrer, die wir fragen wollten, schlossen die Tür, wenn wir uns näherten. Irgendwann hatten wir die Haltestelle gefunden.

Es war toll, dass an dem Wochenende, als wir reisten, auch noch ein Besuch beim „Bergischen Straßenbahnmuseum“ möglich war.

Das Bergische Straßenbahnmuseum (BSM) ist ein Museum in Wuppertal-Kohlfurth, das sich dem Ziel verschrieben hat, an die zahlreichen und abwechslungsreichen Straßenbahnbetriebe im Bergischen Land zu erinnern. Betreiber ist der „Verein Bergische Museumsbahnen e. V. (BMB)“, welcher einen der kleinsten Straßenbahnbetriebe der Welt unterhält (mit Konzession).

Vom Hauptbahnhof ist das Museum mit dem Bus C64 gut zu erreichen. Nur ein kleiner Fußweg ist zu meistern.

Wir fuhren mit dem Tw 275, von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG,  Bogestra, stammend,1957 erbaut als Zweirichtungsfahrzeug, .weil mittlerweile starker Regen einsetzte, und man die Straßenbahnen mit hölzernem Wagenkasten lieber die Halle fahren wollte.

Die zu befahrende Strecke ist leider nur 3,2 km lang, aber landschaftlich sehr reizvoll. Eine kurze Verlängerung ist vorhanden, darf aber nur von Arbeitszügen befahren werden. Anwohner fühlen sich durch die Straßenbahn gestört, und verhindern bisher die Inbetriebnahme.

Der inzwischen eingesetzte Regen führte einige TeilnehmerInnen in ein nettes Café. Drei hartgesottene Herren mussten unbedingt für Streckenaufnahmen in den Wald, wo man aber ziemlich geschützt unter Bäumen stand. Der Anblick des vorbeifahrenden Triebwagens lohnte die Mühe.

Damit war das Tagesprogramm erfüllt.

 

 

 

 

 

 

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Draisinenfähre über die Wupper;

Sessellift;

Gruppe bei der 'Bergischen Kaffeetafel';

Kaiserwagen der Schwebebahn;

Obus 59 ÜHIIIs;

Triebwagen 275;

Müngstener Brücke (alle Fotos Demuth)